Ich mag Platten, die sich anhören, als wären sie für Vinyl produziert, also als wären sie in einer Session, in einem Guss aufgenommen.
Das ist bei Noel Gallaghers erstem Soloalbum sicherlich der Fall.
Man hat das Gefühl, als würde alles so halb im Studio und halb als Konzert vor Publikum eingespielt werden.
Dadurch bekommen alle Tracks einen warmen, ganz eigenen Charme.
Was auch Charme hat, sind die bekannten Töne, eben noch aus Oasis-Zeiten, doch jetzt eben mit der Stimme des Mannes versehen, der damals auch die meisten Songs schrieb.
Was schon im Opener "Everybody's On The Run" negativ auffällt, ist dieses seichte, weichgespülte Element, was auch in fast allen Songs erhalten bleibt. Alles klingt, als würde es erhaben-überheblich von oben auf den Hörer herabschallen. Selbst wenn die Band, die "High Flying Birds", die aus Szenegrößen wie Schlagzeuger
Jeremy Stacey (Robbie Williams, Sheryl Crow) und Keyboarder Mike Rowe (Travis, Oasis) besteht, richtig loslegt, hat der Hörer doch immer das Gefühl, nicht wirklich mit der Musik gemeint zu sein, sondern etwas abseits zu stehen. Im darauffolgenden "Dream On", was zu den etwas rockigeren und dunkleren Stücken zählt, fühlt man sich gegen Ende durch die erklingenden Trompeten an eine aufgeputschte Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band erinnert - einer der ungewöhnlichen
Wendungen, die dieses Album unter anderem ausmacht.
Kommen wir zu einem der Highlights. "If I Had A Gun" hat alles, was einen guten Gallagher-Song ausmacht. Einen locker-leichten Gitarrenanschlag zu Beginn wie man ihn von "wonderwall" kennt, einen Refrain, den alle ausnahmslos mitseufzen können, die beruhigend-sehnsuchtsvollen Momente und natürlich ganz wichtig: das Gefühl, das man gerade einen Song gehört hat, der auf irgendeine unbekannte Art und Weise bedeutungsvoll sein könnte. Gänsehaut!
Eine Brise franzözisches Chanson hat sich wohl in "The Death Of You And Me" verirrt und auch die schon erwähnte Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band schaut noch einmal kurz vorbei, diesesmal allerdings schon etwas besonnener. Ein durchaus nicht ganz leicht zu verdauender Song.
Ein eher schwaches Stück erwartet uns mit dem nächsten "(I Wanna Live In A Dream In My) Record Machine". Der ganze Pompanz, der hier an Instrumenten und Klängen aufgefahren wird, täuscht nicht darüber hinweg, dass man auch getrost weghören kann. Nicht mal das Oasis-typische Gitarrensoli kann daran etwas ändern.
Diskoartigen Rock'n'Roll verspricht "What A Life!". Sparsame Lyrics, aber ein äußerst tanzbarer Beat machen es durchaus zu einem kleinen Hit.
Zu den Leckerbissen zählen auch "Soldier Boys And Jesus Freaks" und "Broken Arrow". Hier ist Gallagher wieder ganz bei seinen Wurzeln angekommen, sowohl lyrisch als auch musikalisch. Absolut empfehlenswert!
Kurz vor Ende zeigt sich mit "(Stranded On) The Wrong Beach" noch einmal, dass eine Britpop-Platte nicht immer nur aus Akustikgitarren und Geigen bestehen muss, auf die hier vollständig verzichtet wurden, sondern auch den verzerrten Stromgitarren-Rock im Blut hat. Ob die leichten Anleihen von Goldfrapp beabsichtigt sind, bleibt jedem selber überlassen.
Mit einem großartigen "Stop The Clocks" entlassen Noel Gallagher und seine High Flying Birds den Hörer mit dem Gefühl, dass diese knapp 43 Minuten viel zu schnell rumgingen. Tröstlich daran bleibt aber, dass man dadurch einen Grund hat, das Album noch viel öfter zu hören. Denn es zählt zwar nicht zu den besten Alben, die ein Gallagher mitzuverantworten hat, aber doch durchaus zu einem der hörenswertesten.
Meine Empfehlung: ******* (7 von 10 Sternen)
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